Masken drücken mit Dominik Kälin – Teil 3

Arbeitsalltag, Besuch bei Maskenfabrikantin, Maskenherstellung

In der Werkstatt von Dominik Kälin (1841-1909) ist es angenehm warm. Gemeinsam drücken wir Masken.
„Es gefällt mir, an deiner Seite zu arbeiten. Bis jetzt war ich immer alleine. Normalerweise höre ich Nachrichten.“ Dominik nickt: „Das kenne ich. Meistens arbeite ich auch alleine. An zwei Tagen die Woche drückt unsere Hausangestellte Bertha noch Masken. Sie ist diese Woche in den Ferien. Bertha ist eine gute Arbeiterin. Ich kann mir vorstellen, dass sie später mal die Maskenfabrik übernehmen wird.“
„Wie ist denn ihr vollständiger Name?“
„Bertha Kromer (1875-1961). Sie hat es als unverheiratete Frau mit 34 Jahren nicht einfach. Sie ist seit kurzem mit einem Robert Schupp liiert. Vielleicht wird sie ihn heiraten. Das würde mich sehr freuen. Wir sind für sie ihre Familie und sie für uns wie unsere Tochter. Unsere einzige Tochter ist vor 20 Jahren bei einem Unfall viel zu früh verstorben. Für meine Frau und mich ist es sehr schön Bertha bei uns zu haben.“
„Haben sie sonst noch Angestellte?“
„Wir haben noch zwei Heimarbeiterinnen, die Masken bemalen. Und natürlich hilft uns bei Engpässen immer Helena Oechslin (1822 bis 1909) mit.“
Meine Finger tauchen in den frisch angerührten warmen Kleister. Salbe damit die Maske ein.
„Und deine Frau, arbeitet sie viel hier in der Werkstatt?“
„Ja, klar. Wir arbeiten eigentlich immer gemeinsam. Was manchmal auch anstrengend sein kann.“
„Das kenne ich.“
Er wirft mir einen fragenden Blick zu.
„Ich habe zehn Jahre lang die Maskenfabrik mit meinem Mann geführt. Wir hatten viele Auseinandersetzungen, besonders wenn die Fasnacht näher rückte und der Druck, Bestellungen rechtzeitig auszusenden, zunahm.“
„Das kann ich mir gut vorstellen.“ Er lächelt vor sich hin.

Die Haustür öffnet sich. Dielen knarren.
„Dominik, ich mache uns einen Kaffee. Es gibt noch ein Bouquet.“
„Ist gut. Aloisia kannst du mal kommen?“
Schritte nähern sich und eine Frau in ähnliche dunkler Kleidung wie Helena Oechslin erscheint im Türrahmen.
„Ah, du hast Unterstützung bekommen? Ich bin Aloisia (1839-1915) die Ehefrau von Dominik.“
Sie kommt einige Schritte auf mich zu. Ich stehe auf und gehe Richtung Waschbecken, um meine Hände zu waschen.
„Nein, nein, lassen Sie nur.“
Ich stelle mich ihr vor: „Mein Name ist Ari Drückerin. Ich helfe Dominik Masken drücken.“
Ihr Blick bleibt ein wenig zu lange an meiner Hose hängen. Sie fasst sich. Schaut mir freundlich in die Augen.
„Möchten Sie auch einen Kaffee?“
„Gerne.“
„Gut, dann wascht euch die Hände und kommt nach vorne.“
Ich beende die angefangene Maske. Lege sie auf den Rost. Verschliesse den Leim.
Dominik fasst den vollen Rost und geht abermals nach draussen. Ich wasche mir unterdessen die Hände. Hänge die Arbeitsschürze auf. Und gehe wieder zurück in den grossen Raum. Links in der Ecke hantiert Aloisia in einer kleinen Kochnische. Sie setzt Wasser für einen Kaffee auf. Unsere Blicke treffen sich kurz.
„Wie kommt es, dass du diese Arbeit kennst? Ich dachte, wir sind die Einzigen in der Schweiz, die diese Arbeit verrichten.“
„Das ist auch so.“ Während ich erzähle, setzt Aloisia Kälin Kaffee auf und deckt den Tisch. Sie hört aufmerksam zu.
„Jetzt verstehe ich, warum du Masken drücken kannst. Du bist zu einem perfekten Zeitpunkt aufgekreuzt. Diese grosse Bestellung ist zu viel für Dominik. Die Bertha ist auch weg und ich mag diese Arbeit nicht besonders. Dominik fühlt sich seit einem Jahr nicht mehr so wohl. Wir wissen nicht was mit ihm los ist. Auf jeden Fall ist es grossartig, dass du hier bist!“
Das Wasser kocht und sie fügt einige Löffel Kaffeepulver und etwas Zucker hinzu. Wartet bis das Wasser ein zweites Mal aufkocht. Nimmt die Pfanne vom Herd und giesst Kaffee in drei Schalen.
Der Geruch lockt Dominik an den Tisch.
„Setz dich.“
Wir setzen uns an den kleinen Holztisch. Aloisia schenkt uns Kaffee ein und gibt uns jeweils ein Bouquet. Eine süsse Spezialität aus Einsiedeln.

Bouquet, süsse Spezialität von Einsiedeln, 2019

*Beitragsbild, drücken einer Maske, um 1980, Privatarchiv